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Manchmal sind es genau die Momente, die zuerst so unverständlich scheinen, die uns die Wunder in der Welt sehen lassen. Die Momente, die sich so schwer und laut anfühlen.

Gestern habe ich an einem Tanzworkshop teilgenommen und das erste Mal Tango getanzt. Beim Tango tanzen habe ich erfahren, wie wichtig es ist, die Führung übernehmen zu können, damit dein Gegenüber spüren kann, dass er geführt wird und sich dem Tanz hingeben kann. Anschließend war ich mit meinem Freund verabredet, um auf eine Geburtstagsfeier zu gehen. Der Abend nahm einen anderen Verlauf und wir stritten uns.

Einsamkeit und Enttäuschung

Ich fühlte mich einsam und enttäuscht. Dieses Gefühl, sich von der Welt im Stich gelassen zu fühlen, war sehr tief. Jedoch ist es in der Welt immer so, dass sich der größte Schmerz besänftigen lässt, wenn man ihn zulassen kann. Dann ganz plötzlich passiert etwas, was den Schmerz vergehen lässt. Gestern war es das Lächeln einer fremden Person, die mir Mut schenkte, immer weiter zu machen, auch wenn es gerade schwierig ist. Die Welt hat immer einen Platz für dich. Egal wo du gerade bist und wie es dir gerade geht, die Welt fängt dich auf, wenn du dich hingeben kannst. Ein paar Minuten später stieg ich in die U‑Bahn ein, um nach Hause zu fahren.

Ich dachte viel über das Leben und den Sinn von partnerschaftlichen Beziehungen nach. Wollte ich diese Beziehung und diesen Schmerz wirklich? Und war es nicht viel einfacher Single zu sein und sich mit niemandem abstimmen zu müssen? Die Hingabe, die ich Stunden zuvor beim Tanzworkshop in jeder Faser meines Körpers spürte, schien verflogen, bis ich den Hügel zu unserer Wohnung hochging.

Hingabe spüren

Ich war in meinen Gedanken verstrickt, als eine ältere Frau vor mir aus dem Haus kam und mich fragte, ob ich auch auf dem Weg zur Kirche bin. Wir kamen ins Gespräch und sie lud mich ein, mit ihr zu der Veranstaltung zu gehen. Die Kirche befindet sich direkt hinter unserer Wohnung und ich bin schon sehr oft daran vorbei gegangen, aber bisher habe ich sie noch nicht besucht. In diesem Moment gab ich mich dem Leben hin und ging mit der älteren Frau in die Kirche. 

Ich weiß nicht, warum ich das gemacht habe, aber es hätte sich in dem Moment nichts besser angefühlt. Sie erzählte mir aus ihrem Leben, teilte mit mir das Geheimnis des Älterwerdens und warum sie seit 20 Jahren in der gleichen Wohnung lebte. Es war berührend und diese Frau hatte keine Ahnung, dass sie mich in diesem Moment aufgefangen hatte mit ihren Worten und ihrer Persönlichkeit. In der Kirche fand eine Spendenveranstaltung für das Land Nicaragua statt. Es gab dort ein wunderbar duftendes Buffet mit vielen kulinarischen Spezialitäten, Vorträgen und unzähligen Personen, die die Sonne im Herzen trugen.

Erwartungen gehen lassen

Mein Freund lud ich spontan auch dazu ein, in die Kirche zu kommen. Unser Streit und die Gefühle, die wir ineinander ausgelöst haben, schienen an diesem Ort keinen Platz zu haben. Ich glaube, Enttäuschung und anschließende Wut und Traurigkeit entstehen dann, wenn wir einander nicht sehen und wertschätzen. Und in dieser Kirche schien das kein Platz zu haben, hier ging es einfach nur darum, zu sein und Erwartungen gehen zu lassen. Wir blieben noch für eine Tombola Auslosung und kauften uns zwei Lose. Ich gewann ein Buch mit dem Namen Wunder warten gleich ums Eck, was diesen Tag nicht besser hätte beschreiben können. 

Also gehe los, lasse alle Gefühle zu und finde dein Wunder hinter der nächsten Ecke.

Kristin Reimer

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